8 kuriose Wahrheiten über Frau Squenz

Wenn ich jetzt darüber nachdenke so erinnere ich mich nicht mehr, wo ich der Frau Squenz das erste Mal begegnet bin. War das auf dem Weg zur Bäckerei? Am Markt, bei der Apfelfrau? Beim Pilze pflücken – also ich habe welche gesucht, die Frau Squenz gefunden, einen ganzen Korb voll – oder war es im Gemüsegarten, im Keller, am Feld?

Auf jeden Fall ist es schon eine ganze Weile her und mittlerweile weiß ich einiges über sie, wenn auch bestimmt noch längst nicht alles. Meistens ist sie recht gesprächig und erzählt bereitwillig die absonderlichsten Geschichten, aber bei Nachfragen hält sie sich bedeckt. Neugierige Fragen umschifft sie gekonnt mit einem Themenwechsel oder einer Ablenkung.

Trotzdem kann ich über acht kuriose Wahrheiten der Frau Squenz berichten. Also wenn man glaubt was sie so erzählt. Aber ehrlich gesagt, ich glaube ihr. Beinahe möchte ich sagen, mir ist bisher selten jemand begegnet der auf mich so echt und wahrhaftig gewirkt hat.

  1. Die Frau Squenz mag gern Kartoffel und wenn ich sage mag, dann meine ich nicht nur zum Essen, denn sie redet auch mit ihnen. Mit einem Kochlöffel schubst sie die Knollen im blubbernden Topf hin und her und sagt zum Beispiel: »Is eich eh ned laungwalig?«¹, oder »Bleibds nur schen brav drin do, i kum glei wida!«². Kein Spaß! Ich habe es selbst erlebt, als ich sie in ihrer Hütte aufgesucht habe, um mir einen Bund Petersilie zu holen. Petersilie hat sie nämlich immer, auch im Winter. Keine Ahnung wie sie das macht.

  2. Frau Squenz kommt vom Land. Wahrscheinlich haben Sie sich das schon gedacht. Aus der Steiermark, sagt sie. Aber von wo genau, darüber schweigt sie sich beharrlich aus. So, wie auch über ihren Vornamen. »Es muaß ned a jeda ois wissn«³ hat sie einmal vor sich hingemurmelt. Das mit dem Vornamen lässt mir aber keine Ruhe, denn irgendwie ist man doch ohne Vornamen nur ein halber Mensch, oder? Irgendwann aber werde ich den schon noch herausbekommen denke ich und baue einfach darauf, dass sich die Frau Squenz in ihrem Redefluss eines Tages verplaudern wird.

  3. Wirklich kurios finde ich aber: Sie besingt Eier. Nein, nicht die Hennen, wenn sie brütend auf den Eiern sitzen, damit es schneller geht mit dem Brüten oder, dass aus den Eiern glücklichere Hühnchen schlüpfen, sondern beim Kochen! Wie und wozu das gut ist, erfahren Sie hier im nächsten Blogbeitrag, denn das ist eine andere Geschichte.

  4. Frau Squenz war noch nie auf Urlaub – sagt sie zumindest. Ehrlich gesagt kann ich mir die Frau Squenz auch nicht reisefertig mit Koffer am Flughafen oder im Badekostüm am Strand vorstellen. Eigenartigerweise kann ich mir auch keine rechte Vorstellung davon machen wie sie als junges Mädchen gewesen sein kann. Das könnte allerdings daran liegen, dass sie ihren Vornamen nicht preisgibt. Bei einer Hildegard, Maria, Liesl, Anna oder gar Zenzi hätte ich da gar kein Problem.

  5. Obwohl die Frau Squenz keine Kinder hat – ich glaube ihr – liebt sie sie alle. Also ausnahmslos, egal wie seltsam sie sich in den Augen von Erwachsenen benehmen. Ich finde, das ist eine ihrer liebenswertesten Eigenschaften. Einmal hat sie mir erzählt: »Mia san unta da Wochn mehr vun da Mama erzogn worn. Owa am Wochenend scho a vum Papa.«⁴ Dabei fällt mir jetzt erst auf, dass sie dann ja auch Geschwister gehabt haben muss. Wo die wohl hingekommen sind?

  6. Die Frau Squenz liebt Musik. Wahrscheinlich hatten Sie sich das bereits gedacht, als ich das über die Eier und das Singen geschrieben habe. Jetzt werden Sie sich vielleicht fragen welche Art von Musik zur Frau Squenz passen würde. Eines weiß ich dazu sicher: Sie hat ein Radio. Damit hört sie alles mögliche aber besonders gern Haydn. Die Schöpfung zum Beispiel. Dazu hat sie mir vor kurzem erzählt, dass sie sich auf so ein Ereignis minutiös vorbereitet: “I klemm a Papierl in die Tiagloggn, damit mi kana stead, ziag ma woame Soggn aun, moch ma an Tee, leg die Fiaß aufi, wal i waß, jetz um neinzehn Uhr dreißig spüns des…”⁵ Das liebe ich auch besonders an der Frau Squenz, man kann es sich bildlich vorstellen, wenn sie am erzählen ist. Bevor ich es vergesse, sie macht auch selbst gern Musik, womit wir schon beim nächsten Punkt wären.

  7. Frau Squenz spielt nämlich Mundharmonika. Keine Bluesharp wie die von Sonny Boy Williamson oder J.J. Milteau sondern so eine volkstümliche. Eine die man früher in vielen Familien zuhause hatte. Damit spielt sie einfache Volkslieder, Kinderlieder und Gstanzln, aber genauso gern und begeistert improvisiert sie ganz selbstvergessen vor sich hin. Dann sitzt sie vor ihrer Hütte auf einem Baumstamm mit ihrer Mundharmonika, die Melodien ziehen über das Tal und kommen als sanftes Echo zurück, wo sie von den nächsten Tonfolgen abgelöst werden. Am besten man stört sie dabei nicht. Das mag sie nämlich gar nicht.

  8. Ich habe es ja schon erwähnt, die Frau Squenz wohnt in einer kleinen Hütte am Waldrand, etwas abseits vom Dorf. »Mei Hittn, meine Erdäpfl, a bissl a Musik, vü mehr brauch i ned fia mei Gligg«⁶ sagt sie, die Frau Squenz. Wo ihre Hütte steht verrate ich jetzt nicht. Ich habe es versprochen. Und ich halte meine Versprechen, deshalb ist alles insistieren und bohren zwecklos. Ich halte dicht.

Aber alles andere was ich über die Frau Squenz weiß und mit ihr erlebe, werden Sie hier im Blog nach und nach ungekürzt und brühwarm erfahren. Bleiben Sie uns – der Frau Squenz und mir – also gewogen und bleiben Sie dran!

Übersetzungen:

¹»Ist euch ohnehin nicht langweilig?«

²»Bleibt schön brav da drinnen, ich komme gleich wieder!«

³»Es muss ja nicht jeder alles wissen«

⁴»Wir sind wochentags mehr von der Mama erzogen worden. Aber am Wochenende schon auch vom Papa«

⁵”Ich klemme ein Stück Papier in die Türglocke, damit mich niemand stört, ziehe mir warme Socken an, mache mir Tee, lege die Füße hinauf, weil ich weiß, jetzt um neunzehnuhrdreißig spielen sie das…”

⁶»Meine Hütte, meine Kartoffel, ein bisschen Musik, viel mehr brauche ich nicht für mein Glück.«